palaver

Nochwas dazu sagen.

nochmal hm.

meine gründe für das buch stehen eigentlich im zugehörigen artikel.
was die inspiration anbetrifft, bin ich, um der wahrheit die ehre zu geben, ahnungslos; mit kafka habe ich auch nichts zu tun. doch die 'mühselige und zugleich lohnende lektüre' lässt auf tief verwurzelten protestantismus schließen.
und der buchpreis wartet; wir haben hinten noch reichlich davon...

Eintrag von johann am 10.09.2012 08:04:27





Lieber Johann,
wenn es einen rationalen Grund zur Liebe zum BUCH gibt, weißt du denn einen?
Ich vertiefe mich jetzt in eines – immer noch Kafka. Ich hatte schon fast vergessen, wie mühselig die Lektüre ist, und doch so lohnend.
Danke für die Inspiration.
K.

PS. Über die Annahme des Buchpreises werde ich mal nachdenken.


Eintrag von K. am 09.09.2012 22:31:35



auch

hier ist es auch dörflich. ich fahre auch rad, auch zum bäcker (nach links wegen des brotes, nach rechts wegen der brötchen - das ist fein säuberlich getrennt). wenn man vom theater absieht, ist es hier wohl auch so wie bei dir.

nur die antwort zum e-book stellt mich nicht zufrieden. denn auch wenn sich diese 'irrationale, völlig subjektive vorliebe' als gewohnheit klassifizieren lässt, denke ich, dass es rationale gründe einer möglichen ablehnung gibt. ich danke dennoch für die hilfe. darf ich mich erkenntlich zeigen? ich könnte einen buchpreis schicken. schöne idee, wa? dann schreib mir doch einfach mal eine mail mit adresse, meine liebe k.

Eintrag von johann am 08.09.2012 20:26:14





Lieber Johann,
mein Erkenntnisgewinn in Bezug auf deine Frage ist mehr als mager. Sollte ich mir vielleicht die Mühe sparen, dir davon zu berichten? Ich tue es trotzdem, auch auf die Gefahr hin, dich zu langweilen.
Katharina, liebevoll Katja genannt, ist eine, die man landläufig als Leseratte bezeichnet. Dies wussten auch ihre Arbeitskollegen und meinten, ihr eine große Freude machen zu können, indem sie ihr einen e-book-reader schenkten. Das Gerät hatte einen Platz auf einer Bücherreihe im Regal gefunden. Ich konnte sie also ganz beiläufig und ohne ihr den wahren Grund meines Interesses zu enthüllen, fragen, wie es ihr denn gefällt und war ob der kleinen Zornesfalte auf ihrer Stirn ein wenig überrascht. Katja hatte sich mit dem Gerät vertraut gemacht, ein e-book, irgendeinen angesagten nordischen Krimi, heruntergeladen und zu lesen begonnen. Sie hatte sich wirklich Mühe gegeben, war aber zu dem Schluss gelangt, dass „das nicht dasselbe ist wie ein BUCH zu lesen“. (Hatte ich das nicht genau so formuliert?)
Sie äußerte den Gedanken, das Ding an ihre Mutter (!) weiterzuverschenken, die demnächst ihren 70. Geburtstag feiert und mit so einem Gerät liebäugelt, weil der Bildschirm so schön hell ist und man darauf auch Backrezepte speichern kann. Ohne zu zögern, sagte ich ihr, dass das unter den gegebenen Umständen eine gute Idee sei. Sie wendete jedoch ein, dass sie die Sorge hätte, dass sie das Gerät dann eines Tages erben würde und der Schlamassel von vorn los ginge. Ich entgegnete ihr darauf, dass ich einigermaßen sicher wäre, dass das Gerät eher das Zeitliche segnen würde als ihre Mama, was sie sofort überzeugte und dazu veranlasste, es auf der Stelle hübsch zu verpacken. Darin ist sie eine echte Meisterin. Ich ergriff meine Chance und bat sie, mir einen handfesten Grund (Du erkennst deine Frage wieder?) zu nennen, warum sie das Ding nicht behält. Ich habe sie vor ungefähr hundert Jahren im Sandkasten beim Hüten unserer Kinder zum ersten Mal gesehen und ich sollte sie inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, dass sie, wenn sie sich schon als entschlossene e-book-Gegnerin entpuppte, dieselben Gründe vorbringen würde wie ich selbst und dass die mich kein Stückchen weiterbrachten. Aber vielleicht hatte sie ja doch etwas Neues beizusteuern…
Nein, hatte sie nicht. Abgesehen vielleicht vom Hinweis, dass sie keine Lust hätte, ihre Zeit auf die Pflege noch eines technischen Gerätes zu verschwenden und vom Beispiel einer Arbeitskollegin, die stolz e-books hortete, die sie nie gelesen hatte.
Nathan, der sich inzwischen zu uns auf das Sofa gesellt hatte [Er teilt mit Katja im richtigen Leben seit zwei Jahrzehnten Tisch und Bett – insofern braucht man sich keine Sorgen um ihn zu machen. Und mein Bäckerbeispiel diente ja auch nur der Illustration der Tatsache, dass in unserer Gegend die Wege irgendwie kürzer sind. Tatsächlich treffen wir uns regelmäßig beim Bäcker, der in Wirklichkeit eine Bäckerin ist. Und ja, natürlich grüße ich auch die Bäckerin freundlich, aber ich treffe sie nicht in der Straßenbahn. Soweit ich weiß, fährt sie mit dem Rad.], beendete unsere Diskussion mit der Bemerkung, dass er lieber im Keller schlafen würde, als sich von seinen geliebten Büchern zu trennen (Ich höre förmlich deinen nörgelnden Einwand, dass der Besitz des einen ja nicht den des andern ausschließen müsse!), was ihm seinerseits eine spöttische Bemerkung von Katjas Seite eintrug, die ich hier nicht zitieren möchte. Bei den Beiden hat sich in den vergangenen Jahren zwangsläufig einiges an Papier angesammelt. Der routinemäßig ausgetragene Kampf um die letzten Zentimeter im Regal endet meistens mit der Anschaffung eines neuen.
Fazit: 1. Die Liebe zum BUCH und die gleichzeitige Ablehnung des e-book ist, wie wir schon vermuteten, völlig irrational und hat vor allem etwas mit Gefühlen und persönlichen Vorlieben zu tun. 2. Ich bin mit meiner Marotte nicht allein. Wir sind schon zu dritt. Dass mich diese Gemeinsamkeit mit meiner Freundin verbindet, wärmt mir das Herz. 3. Offensichtlich habe ich wieder nur eines meiner Vorurteile bestätigt und meine Gesinnung gefestigt.
Deine (um wenigstens das abschließend geklärt zu haben) K.


Eintrag von K. am 08.09.2012 19:26:43





Ach Johann,
ob wir die Frage mit dem e-book hier wohl noch abschließend zu klären vermögen? Immer mehr scheint es mir eine völlig subjektive Vorliebe zu sein, die ich nicht rational zu begründen vermag. Das heißt, eine Hoffnung habe ich noch: meine liebste Freundin Katharina, die ich morgen treffen werde, hat zu ihrem Geburtstag einen reader geschenkt bekommen. Ich hatte seitdem noch nicht die Gelegenheit, mit ihr zu plaudern und zu sehen, wie es ihr damit ergangen ist, aber das werde ich unbedingt in Erfahrung bringen. Da ich sie bisher nur als BÜCHERleserin erlebt habe, bin ich sehr gespannt.
Deinen Zeilen zum Kunstgenuss gebe ich mich geschlagen, wohl wissend, dass du ziemlich genau ins Schwarze triffst.


Eintrag von K. am 08.09.2012 00:03:11



doch, doch

es gibt gründe, sich nicht möglichst viele wege offenzuhalten, und zwar unabhängig von der erfahrung; sonst wäre alle optimierung sinnlos. das gilt für großprojekte und im täglichen leben. einzig die fähigkeit zur entscheidung muss wohl erlernt werden. deshalb akzeptiere ich auch klaglos deine ablehnung des e-books, wüsste aber gern ein paar handfeste gründe.
was die bedeutung der unmittelbarkeit für den kunstgenuss anbetrifft, möchte ich zu bedenken geben, dass man sich im so gegebenen fiktiven lebenskreis einrichtet und wiederfindet, alles störende wird ausgeblendet. deshalb halten sich kleine kinder die augen oder ohren zu, wenn kasperle in eine gefährliche situation gerät. wenn aber der vorhang gefallen ist, du wieder auf deinen füßen stehst, setzt die interpretation ein. auch dann kannst du zufrieden sein, doch es ist mehr der stolz an deinem werk: eine gelungene auseinandersetzung mit dem gerade gesehenen bestätigt dich in deinen vorurteilen, deiner gesinnung. und das ist fein.
ebenso reizend ist es, wenn nathan beim bäcker grüßt, doch hängt dein antwortendes lächeln zufällig am theater; wenn dein bäcker sich nachmittags in der straßenbahn neben dich setzen würde und grüßte, würdest du auch lächeln. es scheint sich um ein produkt der evolution zu handeln, das durch soziales zusammenleben bestimmt wird - unabhängig von, sagen wir mal, sexuellen präferenzen. die können natürlich noch obendrauf kommen. wa, fraülein? nathan soll sich in acht nehmen.
leider fahren hier auch keine gelben straßenbahnen mehr, die letzten kamen zur deutschen einheit in die tonne. die zeile war eine reminiszenz an vergangene tage und einen hit dieser zeit. sozusagen.

Eintrag von johann am 07.09.2012 11:05:34





Lieber Johann,
nein, es gibt KEINEN Grund, sich nicht alle Optionen offen zu halten. Trotzdem scheint mir der Verzicht darauf verlockend, weil die Vielfalt der Möglichkeiten vom Wesentlichen abhalten würde und jegliches Tun beliebig wäre. Wahrscheinlich, da habe ich den gleichen Verdacht wie du, ist das eine Frage des Alters. Aber sollte man sich nicht gerade deshalb gezwungen sehen, diese Erkenntnis, nach Möglichkeit, weiterzugeben? Wenigstens dem eigenen Kind, wenn man eines hat. Außerdem sträube ich mich ja nicht gegen den Zeitgeist. (Würde ich sonst diesen Dialog mit dir führen? Wohl kaum.) Nur beim e-book bin ich kompromisslos!
Deinen Gedanken in Sachen Distanz – Unmittelbarkeit – Genuss mag ich nicht ganz folgen. Ich kann mich vollständig in die Lektüre eines Buch versenken oder einem Schauspiel hingeben, also genießen (mich für diesen Moment auf das Wesentliche konzentrieren, siehe oben), was nicht bedeutet, dass ich die Probleme der Figuren auf meine eigenen Schultern lade. Wenn ich das Buch zuschlage oder der Vorhang fällt, werde ich wieder beide Füße auf dem Boden haben.
Vielleicht solltest du wirklich das Theater wechseln. Muss ja nicht gleich das Feuerwehrfest sein. Ich bin mit meinem Provinztheater ziemlich zufrieden (Bei mir sind auch die Straßenbahnen nicht gelb!). Die der Zeitgemäßheit geschuldeten Experimente sind eher zaghaft. Und wenn mich Nathan (übrigens eine Inszenierung mit dem klassischen Text und ohne Schnickschnack, Botschaft pur) am Morgen danach, also ich meine am Morgen nach der Vorstellung, freundlich beim Bäcker grüßt, dann zaubert mir das ein Lächeln ins Gesicht und ich grüße ihn freundlich zurück.
K.
(Was übrigens auch Karl, Konrad oder Kurt bedeuten könnte.)


Eintrag von K. am 06.09.2012 22:15:23



liebe k.,

zum einen: die beobachtung mit der entscheidung und folgenden konsequenzen gefällt mir, ich weiß nur nicht, ob sie für oder gegen das konventionelle buch spricht; allgemein scheint mir die zeit wenig entscheidungsfreudig, konsequenzen werden nicht gesehen, revision ist immer möglich. aber ist es nicht nur mein alter, das mich diesen für mich offensichtlichen wandel des alltags kritisieren lässt? gibt es einen angebbaren grund? warum sollte es schlecht sein, sich stets so viele optionen wie möglich offenzuhalten?
zum andern: natürlich ist es möglich, zu einem kunstwerk auf distanz zu gehen. es ist abgeschlossen; man kann es als reines zeichen betrachten und bloß gekonnt interpretieren, doch wenn die unmittelbarkeit fehlt, fehlt auch das vergnügen. dann sind wir bei der schullektüre, die man liest, weil es irgendwer für nötig hält - und dieser 'irgendwer' ist man zuweilen selber. aber schöne bücher, die eben schön sind, weil sie mir gemäß sind, lese ich anders. denk an dein kleines schwarzes.
zum dritten: ich weiß nicht, wo deine straßenbahn fährt, aber das laben im theater ist hier in der gegend nicht so einfach. so wird nicht nur die rolle der unmittelbarkeit beim genuss eines stückes sträflich unterschätzt, auch die dargestellten lebenskreise sind mir vollständig fremd. ich werde demnächst aufs dorf ziehen, wo die rentnerinnen beim fest der freiwilligen feuerwehr ihre possen aufführen, aber hier bleibt die alte, gelbe straßenbahn wohl leer.

Eintrag von johann am 06.09.2012 10:02:24





Lieber Johann,
gut, lassen wir mein kleines Schwarzes als Extrem beiseite, obwohl in meinem auf den ersten Blick ungeordneten Bücherschrank einiges ruht, was mir sehr am Herzen liegt. Vielleicht erscheint es ja großartig, wenn man seine gesamte Bibliothek in Form eines technischen Gerätes mit sich herumtragen kann., aber egal, welches „Buch“ man so liest (Vielleicht gibt es ja sogar einen Knopf, mit dem man das Rascheln beim Umblättern einschalten kann.), fühlte es sich immer gleich an. Man kann die „Bücher“ auf dem Gerät sicher auch ordnen, aber würde das das Gleiche sein, wie ein Buch im Regal an einen anderen Platz zu stellen? Natürlich bin ich im Nachteil, wenn ich morgens meinen Rucksack oder vor dem Urlaub meinen Koffer packe – ich muss mir überlegen, WELCHES Buch da hinein soll. Doch schon treffe ich eine wohl bedachte Entscheidung, auch wenn ich sie vielleicht in der Straßenbahn bereue. Pech gehabt! Dann kann ich immer noch meinen Nachbarn bedauern, der wie irrsinnig sein neues i-phone bearbeitet und sich nicht zwischen Spiel, Kurznachrichten, Lektüre oder Musik entscheiden kann. Nenn mich altmodisch, wenn du willst!
Im Übrigen bin ich nicht geneigt, dir zu glauben, dass du nur Kafkas ersten Satz gelesen hast, es sei denn du hast ein prall gefülltes e-book und liest immer nur erste Sätze, aus Angst vor dem, was da kommen möge. Als Leser ist man doch fein raus: selbst wenn man eine Figur sympathisch, böse, dämlich oder wie auch immer findet, man muss sich doch nicht im Ernst mit den psychischen Problemen eines fiktiven Helden herumschlagen, sondern kann sie im Abstand von 20 cm
betrachten, analysieren, belächeln. Man geht doch auch nicht ins Theater, um zu leiden, sondern, im besten Fall, um ein vorher gelesenes Stück aus einem anderen Blickwinkel zu sehen oder wenigstens noch, um sich an der Kunst eines bestimmten Schauspielers zu laben.
Ich werde jetzt Herrn Kafka nicht noch länger warten lassen…
K.


Eintrag von K. am 05.09.2012 22:36:13



hm.

ohne wirklich tiefer in diese angelegenheit dringen zu wollen, scheint es mir doch, als handle es sich bei diesem buch um einen ausgemachten fetisch. es nimmt wohl eine exorbitante sonderrolle ein; wir müssen es deshalb vernachlässigen. oder gilt für andere bücher in den tiefen des schrankes ähnliches? es müsste für viele gelten, alle legen an patina zu. warum also liest du konventionelle bücher? der halbe hinweis auf die furcht vor der nächstdickeren brille genügt mir nicht, das sind private ängste. da wäre es noch besser, gar nicht zu lesen.
(da sind wir auch schon bei kafka: ich kenne nur den ersten satz. das reicht mir. ich habe meine eigenen psychischen probleme und versuche deshalb tunlichst, fremden aus dem wege zu gehn.)

Eintrag von johann am 05.09.2012 10:25:54



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